August 25, 2008

offener brief an österreichs aussenministerin

Sehr geehrte Repräsentantin Österreichs internationaler Interessen,

Ich schreibe in Bezug auf ein Anliegen welches allen freiheitsliebenden Menschen die an der Bewahrung ihrer Grundrechte interessiert sind wichtig ist. Ich wende mich an Sie, als meine von meinen Mitbürgern gewählte Vertretung Österreichs im Ausland, da es sich um die schwierige Situation in Tibet handelt.

Die heute zu Ende gegangen Olympischen Spiele sind und waren eine Chance eine zukünftige Großmacht wie China in die Staatengemeinschaft rechtsgläubiger Nationen willkommen zu heißen. Dieses Willkommen muss aber, um seriös zu sein, auch beinhalten, dass China bestimmten Menschenrechten folgt und es seinen Bürgern erlaubt in Freiheit zu leben. Diese Freiheit besteht nicht darin einen auf westliche Prinzipien aufgebauten Rechtsstaat einzurichten, aber diese Freiheit besteht auch nicht darin souveräne Staaten zu besetzen und deren Kultur und Menschen auszurotten. Davon gibt es leider schon viel zu viele Beispiele in den letzten sechs Jahren (Irak) und vier Wochen (Georgien), welche gegen schärfsten Protest der internationalen Staatengemeinschaft von statten gingen.

Sie wissen natürlich wesentlich mehr über die politische Geschichte Österreichs als viele unserer Mitbürger. Ich bin mir sicher, dass sie mehr Ereignisse in unserer langen Geschichte vergessen haben, als ich jemals erfahren werde. Trotzdem möchte ich zwei Spezifische erwähnen die in unmittelbarer Vergangenheit stattfanden, welche, so meine ich, persönliche Verantwortung durch persönliche Erfahrung mit sich bringen. Das Erste ist die Annektion Südtirols durch Italien 1918. Diese widersprach Woodrow Wilson’s 14 Punkten der Selbstbestimmung. Das zweite Ereignis ist der Anschluss 1938.

Ich muss nicht erwähnen, dass ein internationaler Protest, zusätzlich zu Mexikos einzelgängerischer Courage 1938, in beiden Instanzen willkommen und möglicherweise wirkungsvoll gewesen wäre, um die Grundrechte Österreichs zu verteidigen. Leider versagte die internationale Staatengemeinschaft beide Male kläglich. Die Konsequenzen sprechen für sich. Als Österreicher einer Generation der die horrenden Ereignisse des letzten Jahrhunderts erspart blieben fühle ich dennoch eine gewisse Verantwortung, dass geschichtlich bewiesene Fehler nicht ad absurdum wiederholt werden. Weder von uns selbst, noch von anderen. Werden wir in fünfzig Jahren zurückblicken und es bereuen, dass wir hier nicht handelten da dann die Konsequenzen unserer Schüchternheit endlich nicht mehr ignorierbar sind?

Sie hatten vor kurzem die Möglichkeit zu einem Meeting mit den führenden Repräsentanten Tibets in Österreich. Zum Anlass der Olympischen Spiele wollten diese darauf hinweisen, dass ihre Landsleute unter wesentlich schlimmeren Umständen leiden als Südtiroler oder Österreicher, mit Ausnahme der Opfer des Holocausts, je mussten. Diese Repräsentanten Tibets fordern von ihnen nicht, dass Sie einen persönlichen oder staatlich gesponserten Kreuzzug für die Menschenrechte und gegen China führen. Sie fordern auch nicht, dass Sie eine Dalai Lama Briefmarke herstellen. Im Gegenteil, sie wollen nur, dass Sie ihnen zuhören. Dass Sie diesen verzweifelten Menschen nur für 30 Minuten Ihre Aufmerksamkeit schenken, um aus erster Hand zu erfahren was mit ihren Brüdern, Müttern und Kindern in Tibet tatsächlich passiert.

Sie waren zu beschäftigt. Wichtige internationale Meetings hielten sie davon ab einen Termin nach Ihrem Belieben festzusetzen. Denn diese Tibeter würden sich nie herausnehmen Ihnen etwas vorzuschreiben. Dafür sind sie viel zu verzweifelt. Sie wissen, dass sie Bettler der internationalen Staatengemeinschaft sind. So wie Österreich 1918 und 1938.

Es ist wahrlich ein schamvoller Augenblick, dies hören zu müssen. Ein Land wie unseres sollte besser sein. Sollte moralischer sein. Sollte sich an sein eigenes Leiden mit Wehmut erinnern und stolz die Fahne der Gerechtigkeit so hoch halten, dass sie nicht ignoriert werden kann. Nicht im Namen der Realpolitik und sicherlich nicht im Namen billiger Rohstoffe oder unseres eigenen Lebensstandards kann dies unterlassen werden.

Aus diesem Grund ersuche ich Sie, Ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Schicken Sie nicht Ihren Lakaien zu diesem Meeting mit den Tibetern. Machen Sie Platz in Ihrem sicherlich sehr vollen Terminkalender. Hören Sie sich das Leiden unsere Mitmenschen an. Wenn nicht, um tatsächlich größere Gerechtigkeit von China einzufordern, dann zumindest, um sich Ihre eigene Menschlichkeit zu bewahren, um Österreichs moralisches Ansehen zu erhalten, und last but certainly not least, um diesen armen Staatenlosen das Gefühl zu vermitteln, dass ihnen zumindest ein Ohr und ein Herz geschenkt wird.

Verbleibend, als besorgter Bürger der Weltgemeinschaft,


P.I.

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